„Vielheit“ muss gestaltet werden

Beim gut besuchten Junibrunch im Frauenkulturzentrum, den dieses Mal die AsF (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen) ausgerichtet hatte, referierte die Dezernentin Astrid Eibelshäuser, zu deren Aufgabenfeld auch der Bereich Integration gehört, zum Thema „Gesellschaft im Wandel – Gießen im Wandel“.
Nicht nur der demografische Wandel und die zunehmende Digitalisierung, sondern auch die Migration, die inzwischen zur Normalität gehöre, verändere unsere Gesellschaft und verändere und bestimme auch das Zusammenleben in den Kommunen.
Im Zusammenhang mit dem Thema Migration betonte Eibelshäuser, dass zu Zeiten der Gastarbeiter unter Integration meist eine Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft verstanden worden sei, es heute aber Aufgabe - auch der Kommunen -  sei, die Vielheit ohne diesen normativen Druck zu gestalten.
Leider werde von einem Teil der Bevölkerung – auch in Gießen – nur ein Teil der über viele Jahre zugewanderten und heute noch kommenden Menschen aus anderen Ländern und Kulturen wahrgenommen, nämlich der der eher schlecht Qualifizierten oder noch zu Qualifizierenden und dabei vergessen, dass es am Klinikum, der Liebiguniversität, der THM und im Geschäftsbereich längst eine große Zahl von Hochqualifizierten gebe. Allein die Zahl der hier Studierenden aus dem Ausland liege bei 4000.
In einem weiteren Teil ihrer Ausführungen wandte sich Eibelshäuser der Frage zu, welche Herausforderungen die Stadt durch die große Zahl der neu angekommenen Flüchtlinge zu bewältigen habe. Hier nannte sie zwei Bereiche: Die so früh wie möglich notwendige Eingliederung in das Bildungssystem und die Gestaltung eines Sozialraums, der den neu Zugewanderten die Möglichkeit gebe, ihren Platz in der neuen Heimat zu finden.
Als konkrete Beispiele nannte sie die Gestaltung von offenen Treffs, z. B. in den Häusern der Wohnbau, die Stärkung der Gemeinwesenarbeit, die Durchführung unterschiedlicher Projekte in der Nord- und Weststadt auch im Rahmen der sozialen Stadterneuerung und die Unterstützung durch Ehrenamtliche. Neben anderen Projektmitteln, zum Beispiel zur Gestaltung von Nachbarschaften im Innenstadtbereich, habe die Stadt auch gerade den Zuschlag für ein Projekt der Bertelsmannstiftung bekommen zur Integration von Frauen und jungen Erwachsenen in den Arbeitsmarkt.
Als weiteres Gestaltungselement nannte sie die Umgestaltung der Ausländerbehörde zu einer Leitstelle Migration, bei der nicht nur ausländerrechtliche Fragen geklärt werden, sondern auch VHS, Jobcenter und andere Institutionen als Ansprechpartner bereit stehen.
Bisher sei der Ankunftsprozess oft noch unwegsam gewesen und damit viel Zeit und Ressourcen sowohl der Ämter und Institutionen als auch der betroffenen Menschen unnötig verbraucht worden. Hier sollen die Abläufe durch eine bessere Koordination optimiert werden.
Noch laufe nicht alles rund, aber das, was in den letzten zwei Jahren an Strukturen aufgebaut worden sei, lasse die Hoffnung zu, dass auch in unserer Stadt die Vielheit erfolgreich gestaltet werden kann.
Die AsF- Vorsitzende Nina Heidt-Sommer bedankte sich nach einem kräftigen Applaus der anwesenden Frauen bei Eibelshäuser. „Wir werden, wo wir können, dazu beitragen, dass die Vielheit in unserer Stadt nicht als Problem, sondern als Chance verstanden wird“.